Captain Future – das sollten Leader von morgen können
Unternehmensführung

Captain Future – das sollten Leader von morgen können

Gesa Weinand
Am

Der Chef oder auch Leader ist Wegweiser und Lotse, die Inhaberin führt ihre Crew auf dem Unternehmensschiff sicher durch unsichere, volatile VUCA-See – ein Gewässer, das sich ständig verändert und mit ihm, was Führungskräfte können müssen. Welche Kompetenzen und Aufgaben das genau sind, erfahren Sie im Folgenden.

Der Leader oder besser Unternehmenskapitän der Zukunft blickt nach vorne – trotz einem Mehr an Projektarbeit und neuer Forderungen junger Generationen an die Karriere. In einer sich ständig verändernden Welt wandelt sich auch die Rolle der Führungskraft.

Führungskräfte, die den operativen Ballast des Tagesgeschäfts über Bord werfen, sind frei für neue Aufgaben. Nur so gelingt es ihnen, im großen Rahmen zu denken, das Geschehen aus einer Art Vogelperspektive zu überblicken und zu erkennen, wer wann welchen Support braucht. Genau das braucht es als Kompetenz- und Talente-Coach in der Arbeitswelt von morgen: Denn neben Fachwissen kommt es inzwischen immer stärker auf andere Qualitäten sowie die Persönlichkeit an.

3 Tipps, wie Leader erfolgreich führen

1. Chef als Karriere Coach

Alles wird komplexer bedeutet auch: Alles wird komplizierter. Ein Problem hat mehrere Lösungen und viele neue Wege führen nach Rom. Es gibt mehr als einen Masterplan zum Unternehmenserfolg. Selten gibt’s ein klares Richtig oder Falsch. Stattdessen: Orientierungslosigkeit vom Feinsten. Hilfe! Das schreit nach einem Ratgeber, einer Person, die noch durchblickt und Mitarbeitende individuell berät. Hier kommt der Leader ins Spiel: Impulsgeber, Sparringspartner, Ratgeber oder eben Lotse – das wünschen sich Mitarbeiter. Deshalb übernimmt ein Top-Chef der Zukunft immer mehr die Aufgabe eines Karriere- und People Coachs.

Sich selbst zurücknehmen

Führung ist eine Dienstleistung, das heißt ein Dienst für und an anderen. Auch wenn dieser Aspekt oft untergeht, ist er durchaus einen neuen Gedanken wert. Eine Führungskraft bzw.ein Leader dient den Menschen in einem Team, indem sie beispielsweise fördert, fordert und zum Brainstormen und Ideenentwickeln animiert. Regelmäßig Feedback geben und die Mitarbeiter wertschätzen, aber auch kritisieren und Entwicklungsbereiche identifizieren, nicht mehr Ansagen machen, sondern durch Fragen zum Selberdenken anregen – all das gehört in der Arbeitswelt 4.0 zum vollen Mitarbeiter-Service dazu.

Hauptsache individuell

Man nehme eine gute Beobachtungsgabe, füge eine Prise Empathie und gesunde Menschenkenntnis hinzu und herauskommt: maßgeschneiderte Führung. In der Arbeitswelt von morgen kommt es auf die persönlichen Stärken und individuelle Entfaltung an. Besonders jungen Generationen ist das wichtig. Gemeinsam mit ihnen weht so eine frische Brise der Individualisierung durch die Unternehmen. Deshalb ist es umso wichtiger, Mitarbeiter ab sofort noch stärker in ihrer Persönlichkeit wahrzunehmen und entsprechend ihrer Begabungen zu fördern. Dazu gehört regelmäßiges, konstruktives Feedback und die richtige Aufgabenverteilung. Warum sollte Steffen Schneider mit wenig Talent zum Referieren, aber gutem Zahlenverständnis sich durch eine Rhetorikschulung quälen? Warum sollte Susanne Müller im Backoffice versauern, wenn sie als Kommunikationsprofi und Menschenkennerin im Vertrieb glänzen könnte?

So einzigartig wie jeder Mensch, so individuell ist im Idealfall auch die gewählte Kommunikations- und Führungsmethode. Beim Thema Mitarbeiterbindung können Führungskräfte bzw.Leader es sich einfach nicht mehr leisten, Menschen nur als monotone „Arbeitskraft“ zu nutzen. Inzwischen ist der Chef mit verantwortlich, die lebenslange Beschäftigungsfähigkeit (Employability) der Kollegen zu stärken. Und das nicht aus reiner Wohltätigkeit, sondern aus Unternehmersicht: damit die eigenen Mitarbeiter auch in Zukunft den Herausforderungen des Arbeitsalltags gewachsen sind und den Betrieb nach vorne bringen. Können Menschen im Job ihre Begabungen und Leidenschaften leben und ausbauen, erhöht sich die Wirkung fürs ganze Unternehmen. Chefs heben mit dem Potenzial der Mitarbeiter somit wahres Unternehmenskapital.

2. Bereit zu scheitern

Fail early, fail often, but always fail forward (John C. Maxwell). Früh, oft, aber immer vorwärts scheitern, darum geht’s in unserer komplexen und unberechenbaren Welt – auch für Führungskräfte und Leader. Gleichzeitig gilt es, immer schneller auf Ereignisse zu reagieren. Stellen Sie sich vor, sie lösen mit einem Social-Media-Post einen unerwarteten Shitstorm bei Facebook aus. Jetzt erst mal eine Nacht drüber schlafen, ist nicht mehr. Heute ist es wichtig, sofort zu reagieren – zur Not auch ohne Krisenplan. Angesichts dynamischer Zeiten ist es inzwischen nahezu unmöglich, alle Folgen einer Entscheidung im Voraus im Kopf durchzugehen. Statt das Gehirn mit endlosen Gedankenspielen zu foltern, lieber mutig Entscheidungen treffen.

Dieser Mut muss auch bei Mitarbeiter belohnt werden, damit sie auch in Zukunft beherzt vorangehen, sich ausprobieren und so den Weg für Innovation ebnen. Eine Chefin, die Fehler an den Pranger stellt, führt ihr Team in die falsche Richtung. Was bringt es, wenn sich der Kollege anschließend selbst geißelt? Das verbraucht nur Energie, Ressourcen und vor allem kostet es Nerven. Kritisches Denken, neue Ideen und Impulse – all das sollten Leader feiern. Dabei ist es hilfreich, wenn Führungskräfte offen mit der eigenen Fehlbarkeit umgehen. Es geht darum, Irrwege zu erlauben. Diese sind schließlich eine großartige gemeinsame Lernchance. Und das Beste: Die meisten Fehltritte passieren kein zweites Mal. Na dann, frohes Scheitern! Aber vorwärts.

3. Bereit sein zu lernen

Sie haben keinen blassen Schimmer von Instagram, Alexa und Robotools? Was spricht dagegen, den jungen Trainee zu fragen? Nichts, keiner kann oder weiß alles … zumindest nicht die irdischen Chefs. So manchem Leader mag sogar eine Last von den Schultern fallen, wenn sie sich das immer wieder vor Augen führt. Der frühere Anspruch an den Chef als Allwissender und Bester in allen Disziplinen kann heute – und konnte, wenn man mal ehrlich ist, auch damals – nicht erfüllt werden. „Ich habe gerade in den letzten Jahren so unglaublich viel von meinem Team gelernt, weil ich gesagt habe: Du – erklär mir das mal! Ich kann das nicht.‘“, so Philipp Schindera, Leiter Unternehmenskommunikation der Deutschen Telekom AG.

Von Leuchttürmen und Rückenstärkern

Steht uns das Ende der Chefs bevor? Brauchen wir Sie überhaupt noch? Ja, wir brauchen Chefs, aber andere: mehr Ratgeber, Fragende, Rückenstärker – weniger Ansager, Befehlsgeber und Angstmacher. Der Leader der Zukunft, das heißt Captain Future ist eher ein Moderator, der einen Orientierungsrahmen vorgibt. Das bedeutet aber auch, dass Chefs in Zukunft nicht mehr über dem Team thronen. Stattdessen sind sie mittendrin, als Leuchtturm, Kompetenz- und Talentscout sowie People Coach.

Buchtipp: „Agile Karrieregestaltung: Ein Workbook für die Karriere 4.0“, Haufe Freiburg 2019, 230 Seiten, ISBN 978-3-648-11464-3, 24,95 Euro. Autorin: Gesa Weinand.

Über den Autor

Gesa Weinand

Gesa Weinand Gesa Weinand, Karriereberaterin und Coach, ist in der Personal- und Organisationsentwicklung tätig. Sie führt ihr eigenes Unternehmen, die New Perspective CC GmbH, mit den Schwerpunkten Executive Coaching, Führungskräfteentwicklung und Karriereberatung. www.newperspectivecoaching.de Foto: Tatjana Kurda
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