
Führung gemeinsam denken: Was wir aus der Karrierelounge über Shared Leadership gelernt haben
Wie viel Führungspotenzial verlieren wir eigentlich – nur weil wir am Vollzeitmodell festhalten?
Diese Frage stand im Raum, als wir uns in der letzten Karrierelounge über neue Modelle moderner Führung ausgetauscht haben.
Unser Thema: Shared Leadership und Teilzeitführung.
Obwohl es diese Modelle schon seit über 20 Jahren gibt, werden sie noch immer viel zu selten gelebt.
Unsere Diskussion zeigte schnell: Es geht nicht mehr darum, ob wir Führung neu denken müssen – sondern wie.

Eine Teilnehmerin der Karrierelounge sagte etwas ganz Zentrales:
„Es ist doch eine Verschwendung, wenn erfahrene Führungskräfte nach der Elternzeit keine Rückkehr in Teilzeit bekommen und ihre Rolle komplett verlieren.“
Diese Aussage war kein Einzelfall, sondern spiegelte eine häufige Erfahrung wider:
Führung wird noch immer als Vollzeitpflicht verstanden. Wer weniger arbeitet, verliert oft den Anspruch auf Verantwortung. Und das obwohl der Wille, das Know-how und die Kompetenz vorhanden wären.
Dazu kommt ein weiterer Irrtum:
„Teilzeitführung? Ja, das geht. Aber bitte möglichst vollzeitnah.“
Denn in der Realität bedeutet „Teilzeit in Führung“ oft leicht reduzierte Stunden, z.B. sechs statt acht Stunden täglich. Und das bei nahezu gleichem Verantwortungsumfang. Von echter Flexibilität kann da kaum die Rede sein.
Auch das Thema Shared Leadership wurde kontrovers diskutiert. Einerseits gilt es als innovatives Modell, andererseits gibt es nach wie vor viele Vorbehalte:
„Was, wenn zwei Führungspersönlichkeiten unterschiedlich ticken? Können Teams damit umgehen?“
„Wie treffen wir Entscheidungen, wenn niemand allein entscheidet?“

Was Shared Leadership & Teilzeitführung möglich machen
Und dennoch: Die Diskussion zeigte, wie viel Potenzial in diesen Modellen steckt. Gerade, wenn sie gut vorbereitet, abgestimmt und begleitet werden.
“Was ich finde, was ein großer Vorteil ist, ist auf jeden Fall, dass das Unternehmen von mehr Präsenz profitieren kann, weil beide in der Regel dann eine höhere Flexibilität mitbringen, mal eben irgendwo einzuspringen.“
Das bedeutet konkret: kaum Leerlauf, Urlaub ist abgedeckt. Und das Team hat immer eine Ansprechperson, wenn die Übergaben gut abgestimmt sind.
„Mehr Leute in Teilzeit heißt mehr Köpfe, die mitdenken und dadurch auch mehr Ideen einbringen. […] Der Mehrwert überwiegt immer.“
Natürlich, so wurde offen angesprochen, braucht es dafür auch mehr Kommunikation, mehr Klarheit, mehr Abstimmung. Denn Unterschiedlichkeit und geteilte Verantwortung fordern echte Führungsarbeit.
Aber genau darin liegt auch das Potenzial: Shared Leadership schafft nicht nur mehr Präsenz, sondern auch mehr Perspektive – durch verschiedene Denkweisen, Kompetenzen und Führungsstile.
„Es gibt zwar logischerweise auch mehr Reibungsverluste, aber ich denke, der Mehrwert überwiegt.“
Und nicht zuletzt: Die Arbeitszufriedenheit steigt. Nicht nur bei den Führungskräften selbst, sondern auch im Team. Denn wer in Teilzeit oder im Tandem führt, muss Verantwortung verteilen und ermöglicht so Entwicklung im Team:
„Wenn ich eben nur 70 Prozent der Zeit da bin, dann müssen die 30 Prozent Aufgaben […] auf mein Team verteilt werden.“
Ein echtes “Win-win” für die Organisation und für die Menschen darin.
Trotz der Potenziale in diesen Modellen, ist für viele Unternehmen Führung immer noch ein Alles-oder-nichts-Prinzip.
Doch warum eigentlich?
Warum halten wir so fest am Vollzeit-Ideal, obwohl sich die Lebens- und Arbeitsrealitäten längst verändert haben?

Was uns (noch) abhält von Shared Leadership & Teilzeitführung
In der Diskussion wurde klar: Es sind nicht unbedingt strukturelle Gründe, sondern oft kulturelle und mentale Hürden:
- Teilzeitführung & Shared Leadership gelten noch immer als Ausnahmefälle.
Es sind Modelle, die Aufwand erzeugen, Planung brauchen und oft als „Sonderlösung“ behandelt werden, statt als selbstverständliche Option. - Präsenz wird oft mit Kontrolle verwechselt.
In vielen Organisationen zählt noch immer, wer sichtbar ist. Und weniger, wer wirksam führt. Vertrauen braucht Raum, wird aber oft durch Präsenzpflicht ersetzt. - Führungsbilder sind tief verankert.
Die Vorstellung, dass Führung nur dann funktioniert, wenn jemand immer erreichbar ist, sitzt noch immer fest. Dabei hat sich die Realität längst weiterentwickelt.
Doch wie zeitgemäß ist all das wirklich noch?
Kurz gesagt: nicht mehr. Die Realität in der Arbeitswelt hat sich längst verändert. Und mit ihr die Erwartungen.
Gerade die jüngeren Generationen stellen das klassische Vollzeit-Führungsmodell zunehmend infrage. Für viele aus der Gen Y und Z steht fest: Führung muss nicht mit Selbstaufgabe einhergehen. Sie muss ins Leben passen, nicht dagegen arbeiten.
Fazit: Was wir mitnehmen
Die Diskussion aus der Karrierelounge hat keine einfachen Antworten geliefert. Aber viele starke Erkenntnisse.
Und sie hat deutlich gemacht, was moderne Führung heute wirklich braucht:
- Raum für Teilzeit, ohne Karriereeinbruch
- Vertrauen statt Präsenzkultur
- Klarheit in Kommunikation und Verantwortung
- Und vor allem: den Mut, klassische Führungsbilder zu hinterfragen
Denn die Vielfalt an Führungsmodellen – ob in geteilten Rollen oder reduzierter Arbeitszeit – kann, wenn sie bewusst gestaltet wird, zu besseren Entscheidungen, mehr Teamverantwortung und spürbar höherer Zufriedenheit führen.
Nicht nur für Führungskräfte. Sondern für ganze Teams.
Vielleicht ist das, was wir „moderne Führung“ nennen, gar kein neues Konzept.
Sondern ein längst überfälliger Perspektivwechsel.

Wenn Dich diese Diskussion angesprochen hat und Du Lust hast, Deine Perspektiven einzubringen, Fragen zu stellen oder einfach weiterzudenken:
Dann ist die Karrierelounge genau der richtige Ort.
Dort treffen sich Menschen, die nicht nur offen über Karriere – & Führungsthemen sprechen, sondern sie mitgestalten wollen.
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Wir sprechen über die Chancen und Herausforderungen der ersten 100 Tage als Führungskraft.
Ich freue mich, wenn wir uns sehen!
Herzliche Grüße
Gesa Weinand
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